Auguste (Gustel) Töpfer

Auguste (Gustel) Margareta Victoria Töpfer
(Stolperstein 17-er Straße 13)

Anfang der 1990er Jahre wurde eine Ortsstraße nach Auguste (Gustel) Töpfer benannt, dem wohl bekanntesten der jüdischen NS-Opfer aus Germersheim. Bei der Gustel-Töpfer-Straße, einer unscheinbaren Sackgasse im Neubaugebiet Mittelgrund, handelte es sich nach offiziellem Bekunden um eine stellvertretend-symbolische Ehrung „für alle“ Verfolgten.  

Daran lässt die Vorgeschichte der Ehrung keinen Zweifel: Anlässlich des 40 Jahre zurückliegenden Zusammenbruchs der NS-Diktatur und des Weltkriegsendes hatte die SPD-Stadtratsfraktion im Mai 1985 beantragt, Töpfer jene Straße im Stadtzentrum zu widmen, in der sie einst wohnte (frühere Schiller-, heutige 17er Straße). Außerdem sollte eine Gedenktafel auf die ehemalige Synagoge in der Oberamtsstraße hinweisen. Grundsätzlich befürwortete der Rat mehrheitlich, eine Straße nach Töpfer zu benennen, zögerte jedoch die Entscheidung lange heraus, welche es sein sollte. Ein Jahr später plädierte die Fraktion der Grünen dafür, den neu angelegten Platz an der Ecke Eugen-Sauer-Straße/Sandstraße nach Gustel Töpfer zu benennen und als „Kommunikationsplatz“ auszuweisen. Aber nach einigen Jahren fand sich der Name der 1942 im Vernichtungslager Auschwitz Ermordeten auf dem Schild einer Straße, deren Lage schwerlich geeignet ist, Aufmerksamkeit zu wecken. 

Augustes Vater, der aus Böhmen nach Germersheim zugewanderte Bernhard Töpfer, gründete 1888 in einem Anwesen der Schillerstraße (Nr. 332, heute 17er Straße 13) eine Grafit-, Talkum- und Farberden-Großhandlung, verbunden mit einer im Hinterhaus untergebrachten Werkstätte für Ofenpolituren und Schuhwichse. Kurz zuvor hatte der 29-Jährige die gleichaltrige Emma geheiratet, das älteste der acht Kinder des Germersheimer Fabrikanten Joseph Dreyfus. Dieser betrieb im benachbarten Lingenfeld eine als „Chemische Fabrik“ bezeichnete Zündholz- und Wichsefabrik. Bernhards Töchter, Friderike und Auguste, kamen im Lingenfelder Haus der Schwiegereltern zur Welt. Aus dieser gut situierten bürgerlichen Existenz riss ihn Ende 1911 der Tod. Knapp sechs Jahre später folgte ihm seine Witwe. Schon 1902 war die 14-jährige Tochter Friederike verstorben. So lebte im Spätherbst 1917 von der ehemals vierköpfigen Familie nur noch die 22-jährige Gustel Töpfer.  

Einer Einwohnerliste zufolge gehörten 1906 alle Familienmitglieder der jüdischen Religion an. Nach Bernhard Töpfers Tod wandten sich seine Witwe und Tochter aber dem katholischen Glauben zu, bis sie 1917/18 rechtsverbindlich konvertierten. Ihr Übertritt zum Christentum war nicht der erste eines jüdischen Germersheimers: Schon 1915 war Rudolf Kahn evangelisch geworden. Getauft wurde Auguste jedoch erst im März 1918, gut vier Monate nach dem Tod ihrer Mutter. Da der Sterbeeintrag des Standesamts Emma Töpfer bereits als Katholikin auswies, darf davon ausgegangen werden, dass diese bei der Konversion der Tochter eine treibende Kraft war. Religiöse Neuorientierung schützte jedoch vor keinem der rassisch-völkischen Ideologeme, mit denen die Nationalsozialisten jüdische Personen verunglimpften. Das erfuhr auch Auguste Töpfer. Seit 1933 war die praktizierende Katholikin denselben Restriktionen und Schikanen ausgesetzt wie die „Glaubensjuden“.  

Gustel Töpfer wohnte
40 Jahre lang im Haus an
der Ecke Schiller-/
Königsstraße (1914)

Im Herbst 1938 geriet Auguste Töpfers Immobilie ins Fadenkreuz der völkisch legitimierten Begehrlichkeit. Ihre Wohnung wurde konfisziert, wenn sie auch zunächst wohnen bleiben durfte. Am frühen Morgen des 22. Oktober 1940 wurden sie, das Ehepaar Kahn und die drei Schwestern Mohr, nur mit leichtem Reisegepäck versehen, im Bus nach Landau gefahren, mit anderen saarpfälzischen und badischen Jüdinnen und Juden in Züge verladen und ins südfranzösische Internierungslager Gurs am Fuß der Pyrenäen gebracht. Dort fristete Gustel Töpfer ein entbehrungsreiches Dasein. Unterdessen konfiszierten Reich, Gau und die NSDAP-Ortsgruppe ihr restliches Hab und Gut. Ende August 1942 wurde sie ins Sammellager Drancy bei Paris gebracht.

Am 4. September 1942 rollte der Transport Nr. 28 ostwärts ins Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. Töpfers Spur verliert sich auf dem Selektionsplatz des Lagers. Am 14. Februar 1949 erklärte das Amtsgericht Germersheim Gustel Töpfer für tot (festgesetzter Todestag: 31. Dezember 1942).