Dr. med. Bernhard (Benno) Koppenhagen (in Germersheim aufgewachsen)
Bernhard (Benno) Koppenhagen kam als viertes der sechs Kinder Simon Koppenhagens und der Mainzerin Rosine Weis 1867 in Germersheim zur Welt. Der Nachname verweist auf die dänische Herkunft väterlicherseits. Zahlreiche Uhrmacher und Goldschmiede sorgten im Koppenhagen-Clan für berufliche Mobilität, so dass viele Familienangehörige Mitte des 18. Jahrhunderts südwärts wanderten. Bennos Eltern hatten sich 1860 in Germersheim niedergelassen. Benno wuchs in Germersheim auf besuchte das Gymnasium in Speyer, bis sein Vater 1884 überraschend starb. Daraufhin zog die Familie nach Landau, wo Benno 1886 das Abitur mit überdurchschnittlichen Leistungen ablegte. Auf das in Würzburg absolvierte Medizinstudium, das der ältere Bruder finanzierte, folgte 1891 die erste Arztstelle im thüringischen Kleinstädtchen Schleusingen.
Im Juli 1895 heiratete er Olga, die sechs Jahre jüngere Tochter des Schleusinger Bürgermeisters Ludwig Baecker, mit der er zwei Kinder hatte, Herbert und Hertha. Koppenhagens Geschwister lehnten die Ehe mit der Protestantin Olga und die spätere Konversion Bennos strikt ab. Dies kappte seine jüdischen Wurzeln und beendete die Beziehungen zu den im Ausland lebenden Brüdern. Neben schul- und armenärztlichen Aktivitäten hatte der praktische Arzt Betten im städtischen Krankenhaus für kleinere chirurgische Eingriffe und für die Tätigkeit als Geburtshelfer reserviert. Nebenbei verfasste er humorvolle Dorfgeschichten.
Der Erste Weltkrieg bedeutete für ihn eine biografische Zäsur und eine Bewährungsprobe. Fünf Tage nach Kriegsbeginn rückte der 47-Jährige als Stationsarzt ins Festungslazarett seiner Geburtsstadt Germersheim ein, bevor er mit der Leitung verschiedener Lazarette in Nordfrankreich beauftragt wurde. Bald belasteten den Arzt aber eigene gesundheitliche Beeinträchtigungen, zu denen noch die Sorge um den verwundeten Sohn Herbert kam. Im Juli 1916 wurde er von der Lazarettleitung entbunden und kam nach Germersheim und Würzburg zur Genesung. Bis zum Kriegsende arbeitete er dann als Garnisonsarzt in Würzburg.
Nach dem Ersten Weltkrieg kehrte er nach Schleusingen zurück, wo er zusätzlich als Impfarzt wirkte und eine lokale Sanitätskolonne des Roten Kreuzes gründete. Seine berufliche Kompetenz und Erfahrung als Allgemeinarzt und als Gynäkologe war zwar allgemein geschätzt, er musste sich aber zunehmend gegen antisemitische Hetzte verteidigen. Im Frühjahr 1933 übernahmen die Nationalsozialisten die Macht und riefen zum reichsweiten Boykott jüdischer Selbständiger auf. Das neue „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ führte dazu, dass das Krankenhaus Benno Koppenhagenkündigte. Er verlor auch die Zulassung bei den Krankenkassen, so dass er fortan auf Privatpatienten angewiesen war.
Beruflich vor dem Aus und gesellschaftlich isoliert erlitt Koppenhagen im Januar 1934 einen Schlaganfall. Halbseitig gelähmt und sprachlich eingeschränkt resignierte er vollends. Von seiner Krankenschwester ließ er sich am 20. Januar 1934 eine Überdosis Morphium spritzen und verstarb noch am selben Tag. Von Koppenhagens Tod profitierte ein SS-Arzt, der direkt in die eingerichtete Praxis einzog. Im folgenden Jahr verkaufte die Witwe das Haus und zog nach Wiesbaden. Koppenhagens Tochter Hertha und seine Enkelkinder überlebten die NS-Zeit – letztere mit Hilfe gefälschter Ahnennachweise.
Schleusingen hat dem Arzt Dr. Benno Koppenhagen eine Straße gewidmet, während in seiner Geburtsstadt Germersheim bisher nichts an ihn erinnert.