Ernst Cahn und Familie (in Germersheim geboren)
Otto Cahn und Familie (in Germersheim, Hauptstraße, gelebt)
Die nicht miteinander verwandten Ernst (1873-1946) und Otto Cahn (1882-1920) waren beide Kaufleute, deren Familien aus Rülzheim stammten, einem Zentrum des pfälzischen Landjudentums.
Ernst Cahn, Sohn des Vorstands der Germersheimer Israelitischen Kultusgemeinde Raphael Cahn, kehrte seiner Geburtsstadt den Rücken und kam in Mannheim zu Wohlstand. Der Großkaufmann hatte drei Kinder: Elise (verstorben 1919), Erich und Kurt.
Otto Cahn, Sohn des Getreidehändlers Isaak Cahn, ließ sich Anfang des 20. Jahrhunderts in Germersheim nieder. Er übernahm ein Damenkonfektions-, Tuchhandels- und Manufakturwaren-geschäft von der Witwe des jüdischen Kaufmanns Gustav Cahn und wurde 1912 in den Synagogenausschuss in Germersheim gewählt. Im Jahr 1907 war Otto Cahn zusammen mit dem Händler Noë Rosenbaum auch als Inhaber der Zigarrenfabrik Lorenz im benachbarten Lingenfeld eingetragen.
Otto Cahn und seine Ehefrau Hedwig hatten drei Söhne: Hans, Fritz und Walter Wolfgang, die zwischen 1912 und 1915 in der Hauptstraße 136 in Germersheim zur Welt kamen – gerade rechtzeitig, bevor der Familienvater im Ersten Weltkrieg einberufen wurde. Der Kriegsdienst wirkte sich auf seine angeschlagene Gesundheit negativ aus: Zwei Jahre nach der Entlassung vom Militär starb der 38-jährige Otto Cahn. Seine Witwe führte das Manufakturwarengeschäft weiter und versorgte die drei kleinen Jungen. Zu den wirtschaftlich schwierigen Umständen kam nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten eine Flut von Regelungen, die das Klima auf privater, gesellschaftlicher und politischer Ebene vergifteten. Gesetzlich vorgegebene, gern befolgte Diskriminierung und systematische Herabsetzung, insbesondere durch die „dem Schutz des deutschen Blutes“ dienenden Nürnberger Gesetze, gehörten nun zum Alltag der Cahns. Dazu zählte beispielsweise das im Dezember 1935 verhängte Verbot, das 24-jährige Dienstmädchen Amalie Billmeyer aus Lingenfeld, „ein Dienstmädchen deutschen Blutes“, weiter zu beschäftigen, da der Sohn Walter, damals 20 Jahre, im Haushalt lebte. Man fürchtete, dass es bei einer Beziehung der jungen Leute zur „Blutschande“ kommen könnte. Hedwig Cahn und ihre drei Söhne emigrierten daraufhin zwischen 1936 und 1938 in die Vereinigten Staaten von Amerika.
Das gelang im Herbst 1938 auch den Söhnen von Ernst Cahn, Erich und Kurt, nicht aber ihm und seiner Ehefrau. Sie wurden, nachdem sie schon ihre geräumige, komfortable Wohnung in der Mannheimer Innenstadt aufgeben mussten, am 22. Oktober 1940 ins Internierungslager Gurs nach Südfrankreich deportiert und wie üblich nach Geschlecht getrennt untergebracht. Über das Lager Les Milles konnten sie schließlich im Dezember 1941 – gerade noch bevor das Deutsche Reich den Vereinigten Staaten den Krieg erklärte – ihre Überfahrt in das Zufluchtsland USA antreten.