Ferdinand Kahn

Dr. med. Ferdinand Kahn (in Germersheim aufgewachsen)

Ferdinand Kahn, der 1866 geborene Sohn des Germersheimer Händlers Karl Moses Kahn (1834-1905), verbrachte lediglich seine frühe Kindheit und die ersten Schuljahre in Germersheim. Das Gymnasium besuchte er vermutlich in Landau oder Speyer. Danach studierte er in Würzburg, München und Berlin Medizin. 1891 wurde der 25-jährige Kahn zum Dr. med. promoviert und erlangte die Approbation. Als Assistent des namhaften deutschen Hautarztes Max Joseph sammelte er Erfahrung für die eigene Berufspraxis. Anschließend praktizierte Kahn als Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten in Frankfurt/Main, wo mittlerweile auch seine ehemals in Germersheim wohnenden Eltern lebten. Dort war er einer der ersten Dermatologen, da diese Fachrichtung sich im medizinischen Kanon erst herausbildete. 1900 hatte der Mediziner die ortsansässige Kaufmannstochter Paula Meyerfeld geheiratet. Das Paar blieb kinderlos. 

1918, noch vor dem Ende des Ersten Weltkriegs, erhielt Kahn für seine Leistungen bei der fachärztlichen Therapie von verwundeten Soldaten den Titel eines Sanitätsrats, den er mit Stolz führte. Von den neuen politischen Verhältnissen, die seit dem Frühjahr 1933 in Deutschland herrschten, wurde der Arzt überrumpelt, obwohl die Boykottaufrufe der NSDAP im Falle hochspezialisierter jüdischer Ärzte wie Kahn anfänglich noch nicht die volle Wirkung zeigten. Im April 1933 entfernte das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums die sogenannten nichtarischen Mediziner aus dem öffentlichen Gesundheitswesen. Zwei Wochen später entzog man auch Kahn die Kranken- und Ersatzkassenzulassung. Langjährige Privatpatienten verließen seine Praxis ebenfalls aus Furcht, sich dafür rechtfertigen zu müssen, einen der verfemten „Rassenfeinde“ konsultiert zu haben. Der Reichs-Medicinal-Kalender, das jährlich erscheinende wichtige Periodikum der deutschen Medizinerzunft, das Ferdinand Kahn seit 1895 erwähnte, belegte ihn 1937 erstmals mit dem Zusatz „Jude“.

1938 verlor Kahn, wie alle jüdischen Ärzte, seine Approbation.  Von den rund 8000 jüdischen Ärzten hatten bis Ende 1938 nur 285 Deutschland nicht verlassen, unter ihnen Ferdinand Kahn, der wohl resigniert hatte.

Im Sommer 1942 begann der letzte Akt der Tragödie: Stadtverwaltung und Polizeibehörde Frankfurt/Main inventarisierten das restliche Vermögen und Haus der Kahns. Den Zweck verriet das Stichwort „Evakuierung.“ Die 67-jährige Paula und der 76-jährige Ferdinand Kahn wurden am 1. September 1942 von ihrem Wohnort per Bahn ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Am 20. September verstarb Ferdinand Kahn dort, kurz danach seine Ehefrau.